Der zweite LUX-Tag in Berlin voller Emotionen

„Der Ausgangspunkt ist der Mut das Unangenehme zu hören und auch als Gesellschaft bereit zu sein, einander zuzuhören, auch wenn wir unterschiedlich sind. Rauchsauna schafft diesen Raum“, so die Regisseurin Anna Hints im aufgezeichnetem Interview am Donnerstag, den 1. Februar, zu ihrem Film „Smoke Sauna Sisterhood“. Am zweiten Tag der LUX-Filmvorführungen in Berlin zeigte das Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in Berlin im Kino International (weitere) 3 der nominierten europäischen Filme.

news-luxberlin-secondday-groupfoto-1-02-2024.png.png

V.l.n.r.: Uta Neumann, EP-Verbindungsbüro Berlin; Georg Pfeifer, Leiter EP-Verbindungsbüro in Deutschland; Jaqueline Schulte-Kellinghaus, Produzentenallianz Services GmbH; Matthijs Wouter Knol, CEO European Film Academy und Fatih Abay, EFA

Klirrende Gläser im Foyer, europäische Filme auf der Leinwand. Rund tausend Filmbegeisterte besuchten am zweiten Tag der LUX-Filmtage das Kino International. Im Scheinwerferlicht des Donnerstagabends standen die drei für den LUX-Publikumspreis 2024 nominierten Filme: „Auf der Adamant“ (frz. Film), „Fallende Blätter“ (finnische Tragikomödie) sowie „Smoke Sauna Sisterhood“ (estnischer Dokumentarfilm).

news-luxberlin-secondday-smokesaunacinema-1-02-2024.png.png

Der Dokumentarfilm von Regisseurin Anna Hints nahm die rund 500 Zuschauerinnen und Zuschauer mit in die tiefen Wälder von Südestland. Dort versammelt sich eine Gruppe von Frauen in der sicheren Dunkelheit einer Rauchsauna, um ihre innersten Gedanken und Geheimnisse miteinander zu teilen. Umhüllt von der warmen, dichten Hitze entblößen sie sich zur Gänze, um die in ihrem Körper gefangenen Ängste und ihre Scham freizugeben und neue Kräfte zu sammeln. Insgesamt arbeitete Anna Hints mit ihrem Team sieben Jahre an ihrem Dokumentarfilm: Ohne vorgegebenem Skript, mit viel Schweiß. Der Drehort: Ein durchschnittlich über 80 Grad heißer und dunkler Raum einer Rauchsauna.

news-luxberlin-secondday-annahintsinterview-1-02-2024.png

Interview mit Regisseurin Anna Hints

Diesen Raum kennt Anna Hints gut: Als Teil einer Schwesternschaft und mit dem Hintergrund ihrer Wurzeln in der indigenen Kultur der Võro und Selto bietet die Regisseurin einen außergewöhnlichen Blick von innen auf den Mikroskosmos der Rauchsauna. Diesen sieht sie als „kosmischen Raum“. Die Sauna-Tradition ist tief in der estnischen Kultur verwurzelt und bildet einen wichtigen Teil der Identität des Landes. Rauchsauna aus Südostestland steht seit 2020 auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO.  

Dieser Raum der Rauchsauna sei besonders für weibliche Personen wichtig, so Anna Hints im vor der Filmvorführung gezeigten Interview. „Die Nacktheit ist das Ablegen sowohl der physischen Kleidung als auch der emotionalen Kleidung oder Masken, die wir tragen“ erklärte die Regisseurin auf die Frage, welchen Stellenwert die Rauchsauna in ihrem Leben hat. Es gehe immer auch darum, die Seele zu waschen und sich mit der eigenen Stimme zu verbinden, so Hints. Als „intuitive Filmemacherin“ war sie bei den Dreharbeiten selbst mit in der Sauna. 

news-luxberlin-secondday-smokesaunacrowd-1-02-2024.png.png


Mit diesem Vorgehen wollte sie Vertrauen schaffen, da es zentral sei, die menschliche Verwundbarkeit zu zeigen: „Für mich geht es um dieses tiefe Bedürfnis und den Mangel an dieser Art von sicherem Raum, in dem man wirklich verletzlich sein darf“ erläuterte die Regisseurin. Durch den visuellen Blick auf die nackten Körper entfacht sie das Gefühl der Nähe beim Zuschauenden.

Zwei weitere Filme auf der Leinwand

In der Ikone der Moderne standen am zweiten Tag der LUX-Filmvorführungen zwei weiteren Filme im Scheinwerferlicht:

Fallende Blätter. Eine finnische Tragikomödie in deutsch-finnischer Koproduktion von Aki Kaurismäki. Der Film zeigt eine typisch-tragikomische Kaurismäki-Welt, die das Publikum behutsam durch die (Sucht-)Probleme der Protagonisten des Films begleitet. Es ist die Liebesgeschichte zweier einsamer Menschen, die sich eines Nachts zufällig in Helsinki treffen.

Auf der Adamant. Eine französisch-japanische Koproduktion von Nicolas Philibert. Gewinner des goldenen Bären. Der Film zeigt das Leben in einer Psychiatrie, in der Menschen mit psychischen Problemen betreut und unterstützt werden, den Mut nicht zu verlieren oder ihn wiederzufinden.

Stimmen Sie jetzt über die Filme ab

Seit 2020 wird „LUX – der europäische Publikumsfilmpreis" vom Europäischen Parlament und der Europäischen Filmakademie in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und dem Netzwerk Europa Cinemas verliehen.

Welcher Film am Ende den Award gewinnt, entscheidet das Publikum. Noch bis Ende März 2024 können EU-Bürgerinnen und Bürger ihre Bewertungen für die fünf nominierten LUX-Finalisten abgeben. Der Gewinner des LUX-Publikumspreises wird voraussichtlich im April 2024 verkündet – noch vor den Europawahlen im Juni 2024. 

Sie haben einen der Filme gesehen? Dann vergeben Sie gleich Ihre Sternebewertung!